HazyLand/BohnenStrasse

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Dies ist Version 3b oder so. Die Version von kurz vor dem Vortragen in der Bohnenstraße, etwas umgestellt und ergänzt um ein paar Sachen, die wir tatsächlich gesagt haben.

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Bremen wird Hazyland! Kabel Hazyland berichtet live!

Das Projekt „Bremen wird Hazyland“ entstand in der Folge der Veranstaltungsreihe „Tales from Hazyland. Geschichten aus der Stadt des Verschwindens“, die city.crime.control im September 2005 im Rahmen einer Ausstellung im Bremer Faulenquartier durchführte.

Ausgegangen sind wir vom Verschwinden der Stadt. Es ist viel von schrumpfenden Städten die Rede. Genau wie von der Privatisierung des öffentlichen Raums, was auch eine Art des Verschwindens ist. (Das Verschwinden des Öffentlichen aus dem Raum. Dazu passend: das Verschwinden des Städtischen aus der Stadt.)

Das Verschwinden meint noch etwas anderes als eine zunehmende Abwesenheit von etwas, was vorher da war. Verschwinden bringt immer auch etwas hervor. Es ist das Ersetzen von Stadt durch eine Phantomstadt, den Vaporspace. (Der Vaporspace ist ein Raum, der nicht mal gebaut werden muss, um den Stadt-Raum zu verändern. Ein rein virtueller, fiktionaler Raum also.) Die Konzentration von städtischen Bemühungen auf Prestige-Objekte und die damit verbundene Privatisierung bewirkt wiederum einen Rückzug des Städtischen aus dem Stadt-Raum.

Der Grund für das emsige Verschwinden ist in den vielschichtigen Problemen der Stadt zu sehen. Bremen ist in der Krise. Besser noch: es steuert auf die Katastrophe zu, denn je akuter und übler die Bedrohung, desto besser lassen sich einschneidende Maßnahmen vermitteln. Die Projekte, die diesen Kurs abwenden sollen, gehen mal schief und mal nicht (mehr schief als nicht) und erfordern durch diese Bilanz immer neue und umfassendere Planungen und Projektionen. Es ist ein Teufelskreis oder eher eine Spirale, die sich ausbreitet.

In den Planungen entsteht die Fiktion von einer Stadt, in der alles funktioniert. Daneben besteht aber die nicht so glatt funktionierende Stadt weiter, mit all ihren Problemen. Der Unterschied ist: Sie ist nicht mehr Teil des städtischen Diskurses, verschwindet also in die Unsichtbarkeit. So geht es beim Verschwinden des Städtischen nicht nur um den Rückbau oder Abriss von Gebäuden, sondern auch um Kürzungen (v.a. im Sozial- und Kulturbereich und den Bedeutungsverlust der Politik als Verwirklichung von Prinzipien.) Je mehr Projektionen in der Planung verwirklicht werden, desto mehr wird die bestehende Stadt selber vernachlässigt, kurz: mit der Stadt hat das nichts mehr zu tun. Um sichtbar zu werden, müssen die Bürgerinnen und Bürger selber Teil des Vaporspace werden, also mitspielen.

Die Projektionen werden zu Planungen und schließlich materialisiert. Das Bauen wird so zur Vergewisserung, dass die Projektionen eben doch die Stadt sind. Dabei handelt es sich um nichts anderes als um die Verwirklichung von Wunschprojektionen. Projektionen sind hier im doppelten Sinn zu verstehen - als Formulierung von Wünschen und als technisch an eine Oberfläche geworfene Bilder. Die Oberfläche ist natürlich die Stadt.

Um diesen Prozess und die Folgen ging es bei „Tales from Hazyland“. Hazyland war diese stadtgewordene Projektion. Der Ort der Veranstaltungsreihe, das Faulenquartier, war ein lange vernachlässigter Nicht-Ort, der aber zentral liegt und deshalb zur Zeit mühevoll zum Medienstandort umgebaut wird. Hier ließ sich die „Vaporisierung“ der Stadt sehr gut exemplarisch verdeutlichen.

Seitdem mussten wir feststellen, dass die Realität immer besser und schneller ist als wir, auch wenn die Fiktion von einem Bremen, in dem alles funktioniert, nicht aufgeht. Hazyland bläht sich weiter auf, ohne dabei an Substanz zu gewinnen. Das zeigt sich am Beispiel des damals anvisierten Medienzentrum im Faulenquartier, das inzwischen in den Projektionen zu einer Medienmeile angewachsen ist. Wobei auch Zeitungsbringdienste und Elektrogeschäfte mitgezählt werden, um die Mediengängigkeit des Areals zu untermauern. Was die Substanz angeht, können wir Ulrich Hackmack von der Bremer Tageszeitungen AG zitieren, der versucht, die Größe und Bedeutung der Medienmeile in einem Konjunktivsatz zu verschachteln: „Nehmen wir an, es würde gelingen, noch mal zehn weitere Firmen, ähnlich denen, die es hier schon gibt, anzusiedeln, dann wären hier eines Tages auf anderthalb Kilometern Länge Firmen mit einem Potenzial von 10.000 Arbeitsplätzen vertreten.“

Aber auch die Medienmeile ist nur ein unvollständiger Versuch. Der Teufelskreis der städtischen Dunstproduktion wird nicht aufgebrochen, nur weitergeführt. (Aufgebläht halt.) Wir haben uns dagegen entschlossen, ihn zu überspringen und ein Projekt zu entwickeln, das sich nicht mehr überbieten läßt.

Mit dem Projekt „Bremen wird Hazyland“ wollen wir auf die Dampfproduktion auf die Spitze treiben, durch die die Stadt selbst nicht besser wird, weil ja Dampf produziert wird und nicht Stadt. Das heißt, statt städtische Problemzonen zu pflegen, werden Nebelschwaden drübergelegt, die dann im Licht glitzern, aber nur unvollständig darüber hinwegtäuschen, was darunter liegt, oder eben nicht. Hazyland ist der Versuch, den Teufelskreis zu überbieten, indem alles Hazyland wird, es die Stadt nicht mehr gibt und damit auch ihre Probleme nicht mehr die von Hazyland sind. D.h. es gibt die Probleme noch, aber die Stadt, in der sie aufgefangen werden (sollten), gibt es nicht mehr. Wer jetzt noch ein Problem hat, dem sein eigenes Problem ist das.


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Last edited October 1, 2006 2:40 pm by Christian (diff)
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